Das HolmeS3-Projekt wurde ins Leben gerufen, um die wachsenden Herausforderungen bei der Absicherung automatisierter Fahrfunktionen zu bewältigen. Mit der zunehmenden Komplexität moderner Fahrzeuge und der steigenden Nachfrage nach autonomen Fahrtechnologien wächst auch der Bedarf an umfassenden und zuverlässigen Testmethoden. Traditionelle Testansätze stoßen hierbei an ihre Grenzen, da sie nicht in der Lage sind, die extrem hohe Zahl möglicher Szenarien abzudecken, die im realen Straßenverkehr auftreten können.

HolmeS3 ist ein F&E Projekt der Projektpartner Ostbayerische Technische Hochschule, e:fs TechHub GmbH und imbus AG. Durchgeführt wurde es von Oktober 2020 bis Dezember 2023 und wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, im Rahmen der Initiative Künstliche Intelligenz – Autonome Mobilität, gefördert.

Ziel des HolmeS3-Projekts war es, eine verbesserte Methodik zu entwickeln, die durch den Einsatz von Kausalmodellen eine gezielte und effiziente Absicherung hochautomatisierter Fahrfunktionen und autonomer Systeme ermöglicht.

Kausale Modelle helfen dabei, die komplexen Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Faktoren im Fahrzeug und seiner Umgebung zu verstehen und vorhersehbare Risiken systematisch zu identifizieren. Durch die Anwendung dieser Modelle soll der Testprozess automatisierter Fahrfunktionen nicht nur optimiert, sondern auch transparenter und nachvollziehbarer gestaltet werden.

Der in HolmeS3 entwickelte Ansatz verbindet kausale Modelle mit szenariobasiertem Testen und ermöglicht so, kritische Szenarien mit relevanten Testfällen gezielter abzudecken. Die HolmeS3-Methodik unterstützt somit eine kausalitätsgetriebene Entwicklung unter Beachtung der Anforderungen der ISO 21448 (SOTIF).

Hier geht es zum ausführlichen Projektbericht von HolmeS3

Kursfassung des Projektberichtes in der Hans automotive

Kausale Inferenz: Präzise Analyse von Ursache-Wirkungs-Beziehungen

Die Kausale Inferenz ist ein Werkzeug der Kausalen Modellierung, das es ermöglicht, komplexe Ursache-Wirkungs-Beziehungen präzise zu analysieren. Durch die Anwendung von Kausaler Inferenz können Entwicklungsteams herausfinden, wie Änderungen in einer Parameter-Variablen, wie z.B. der Fahrzeuggeschwindigkeit oder einer Wetterbedingung, direkte Auswirkungen auf andere Variablen, wie z.B. die Bremswirkung, haben. Die Kausale Inferenz geht über einfache Korrelationen hinaus und erlaubt es, gezielte Interventionen zu simulieren, um die Robustheit und Sicherheit von Fahrfunktionen zu optimieren. Im Rahmen der ISO 21448 (SOTIF) trägt die Kausale Inferenz entscheidend dazu bei, kritische Szenarien zu identifizieren und die Systemsicherheit zu gewährleisten, indem sie hilft, die relevantesten Testfälle zu generieren und unnötige Testfall-Explosionen zu vermeiden.

Generierung von "Corner Cases“

Ein zentraler Vorteil und Nutzen der Kausalen Modellierung ist die Möglichkeit, sogenannte Corner Cases zu identifizieren. Corner Cases sind spezielle Werte-Kombinationen von Parametern eines Kausalen Modells, die potenziell gefährliche Situationen bzw. Zustände des modellierten Systems repräsentieren. Mittels Kausaler Inferenz können solche kritischen Parameterwert-Kombinationen systematisch aus einem Kausalen Modell generiert werden.

Reduktion des Testaufwands durch Nutzung von Corner Cases

Die Verwendung der generierten Corner Cases als Testfall-Daten ermöglicht es, den Testaufwand deutlich zu verringern:

Zum einen kann ein einzelner Corner Case mehrere andere Wertekombinationen ersetzen und damit die Anzahl zu berücksichtigender Testdaten-Kombinationen reduzieren. Zum anderen können die Corner Cases auf Basis des Kausalen Modells und weiterer Zusatzinformationen aus der Kausalen Inferenz priorisiert werden, wodurch eine weitere Fokussierung des Tests auf die risikoreichsten Testdaten-Kombinationen  erreicht werden kann.

Die im HolmeS3-Projekt entwickelte Lösung für Szenario-basiertes Testen (basierend auf dem imbus Testmanagement-Tool TestBench) ermöglicht die Verwaltung und Nutzung von Kausale Modellen und Corner Cases im Testprozess. Die Lösung ermöglicht und erleichtert es, die für ein bestimmtes Fahrszenario passenden Corner Cases zielgerichtet auszuwählen und das Szenario dann mit diesen Werten im Simulator-System auszuführen. So kann das Verhalten der zu prüfenden Fahrfunktion unter den durch die Corner Cases repräsentierten extremen Bedingungen überprüft und abgesichert werden. Als Ergebnis liegt eine lückenlose, nachvollziehbare Testdokumentation vor, die sämtliche zur Sicherheitsargumentation notwendigen Informationen enthält.

Anwendungsbeispiele und praktische Umsetzung vom szenariobasiertem Test

Das szenariobasierte Testen findet breite Anwendung in der Entwicklung und Absicherung hochautomatisierter Fahrfunktionen. Ein typisches Anwendungsbeispiel ist die Validierung eines Notbremsassistenten (NBA). In einem einfachen Szenario könnte ein Fahrzeug auf einer geraden Straße einem anderen Fahrzeug folgen, wobei der Notbremsassistent die Geschwindigkeit und den Abstand kontinuierlich überwacht. Das Szenario wird dann mit variierenden Parametern wie unterschiedlichen Wetterbedingungen, Geschwindigkeiten und Verkehrsdichten durchgeführt, um sicherzustellen, dass der Assistent zuverlässig funktioniert, selbst unter extremen Bedingungen.

Ein weiteres Beispiel ist das Testen von automatisierten Fahrfunktionen in komplexeren Umgebungen, wie einer stark befahrenen Kreuzung in der Innenstadt. Hier werden multiple Faktoren wie Fußgänger, Ampelschaltungen und plötzliche Hindernisse in das Szenario eingebunden. Diese realitätsnahen Testszenarien erlauben es, das Verhalten des Fahrzeugs unter wechselnden und potenziell gefährlichen Bedingungen zu bewerten und zu optimieren.

In der praktischen Umsetzung kommt dabei oft eine Kombination aus Simulationen und realen Fahrtests zum Einsatz. Durch den Einsatz von Kausalen Modellen im Testmanagement können die Szenarien präzise gesteuert und die relevantesten Parameterkombinationen getestet werden, um eine Überprüfung der Fahrzeugleistung in kritischen Situationen zu gewährleisten. Dies ermöglicht es Entwicklern, gezielte Tests durchzuführen, die sowohl die Sicherheit erhöhen als auch den Entwicklungsaufwand optimieren.

Fazit: Zukunftssichere Sicherheit durch innovative Testmethoden

Das szenariobasierte Testen in Kombination mit Kausaler Modellierung und Kausaler Inferenz bietet eine wegweisende Methode zur Validierung und Absicherung hochautomatisierter Fahrfunktionen. Diese innovativen Ansätze ermöglichen es, selbst komplexe Systeme sicher und effizient zu testen, indem sie reale und kritische Fahrsituationen präzise simulieren. Durch die Identifikation und Analyse von Corner Cases sowie die gezielte Parametrierung der Testszenarien werden nicht nur potenzielle Risiken frühzeitig erkannt, sondern auch die höchsten Standards der Fahrzeugsicherheit gewährleistet. Mit diesen fortschrittlichen Methoden ist die Automobilindustrie bestens gerüstet, um den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen und den Weg für sichere, autonome Mobilität zu ebnen.

imbus: Unterstützung beim Szenariobasierten Testen und darüber hinaus

Egal, ob es sich um ein führerloses Fahrzeug oder einen autonom agierenden Roboter handelt – die Menschen, die mit diesem System in Berührung kommen, müssen sich darauf verlassen können, dass ein solches autonomes System fehlerfrei seine Aufgaben erfüllt und sicher ist.

imbus bringt nicht nur die umfassende Expertise im szenariobasierten Testen in das HolmeS3-Projekt ein, sondern bietet auch jahrzehntelange Erfahrung im Bereich Softwaretest und Softwarequalität. Als führender Anbieter in der Qualitätssicherung und Testautomatisierung unterstützt imbus Unternehmen dabei, robuste und zuverlässige Softwarelösungen zu entwickeln. Durch das eigene Testmanagement-Tool, die imbus TestBench, wird die Durchführung komplexer Testszenarien optimal gesteuert, von der Planung bis hin zur automatisierten Ausführung.

imbus unterstützt bei der Einführung und Integration der HolmeS3-Toolkette in bestehende Entwicklungsprozesse und bietet zusätzlich maßgeschneiderte Lösungen für das Customizing. Damit stellt imbus sicher, dass die Implementierung nicht nur technisch reibungslos verläuft, sondern auch die höchsten Qualitätsstandards erfüllt werden.

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